Das Internet ist ein Raum voller Möglichkeiten – zum Lernen, Arbeiten, Einkaufen und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Doch was für viele selbstverständlich ist, stellt für andere eine tägliche Hürde dar: Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen stoßen im digitalen Raum regelmäßig auf Barrieren. Digitale Barrierefreiheit ist deshalb kein „Nice to have“, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit – und ein Menschenrecht.
In diesem Beitrag erfährst du:
- Was digitale Barrierefreiheit bedeutet
- Warum sie für Unternehmen und Institutionen relevant ist
- Welche Tools und Technologien echte Zugänglichkeit ermöglichen
- Wie du schon mit kleinen Maßnahmen große Wirkung erzielen kannst
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?
Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Websites, Apps und digitale Inhalte so gestaltet sind, dass alle Menschen sie uneingeschränkt nutzen können – unabhängig von Behinderungen, Alter oder technischer Ausstattung. Es geht um:
- Screenreader-Kompatibilität
- Bedienung ohne Maus (z. B. nur mit Tastatur)
- Klar verständliche Sprache
- Kontraste, Schriftgrößen, Zoomfähigkeit
- Alternativtexte für Bilder
- Untertitel für Videos
Kurz gesagt: Es geht darum, die digitale Welt inklusiv zu gestalten – so wie eine barrierefreie Rampe den Zugang zu einem Gebäude erleichtert.
Warum Barrierefreiheit für alle wichtig ist
1. Inklusion & Gerechtigkeit
Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Behinderung. Für sie ist ein nicht barrierefreier Onlineshop oder ein unlesbares PDF mehr als ein Ärgernis – es ist Ausschluss. Wer digitale Barrieren abbaut, schafft Chancengleichheit und Teilhabe.
2. Rechtliche Vorgaben
Spätestens mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird digitale Barrierefreiheit in Deutschland verpflichtend. Ab Juni 2025 müssen viele private Anbieter von digitalen Dienstleistungen – etwa Banken, Onlineshops oder Buchungsplattformen – barrierefreie Angebote vorweisen können.
3. Wirtschaftlicher Nutzen
Barrierefreie Websites erreichen mehr Menschen – und das bedeutet auch: mehr Kund:innen, bessere Suchmaschinenrankings (SEO) und ein positives Markenimage. Zudem profitieren ältere Menschen oder Menschen mit temporären Einschränkungen (z. B. durch Verletzungen) ebenfalls von gut zugänglichen Websites.
Diese Tools helfen bei der digitalen Barrierefreiheit
Barrierefreiheit muss nicht kompliziert sein – viele praktische Tools unterstützen Entwickler:innen, Redakteur:innen und Unternehmen dabei, bestehende Angebote zu prüfen oder neue barrierefreie Inhalte zu gestalten.
1. WAVE Accessibility Tool
- Browser-Erweiterung & Online-Checker
- Erkennt Probleme bei Kontrasten, Alternativtexten, HTML-Struktur
- Ideal für schnelle Website-Checks
🔗 wave.webaim.org
2. NVDA Screen Reader (Windows)
- Kostenloser Screenreader für Windows
- Hilfreich, um zu testen, wie sehbehinderte Nutzer eine Website erleben
🔗 nvaccess.org
3. Accessibility Scanner (Android)
- App von Google zur Überprüfung von mobilen Anwendungen
- Erkennt problematische Elemente wie zu kleine Buttons oder fehlende Labels
4. axe DevTools
- Entwickler-Tool für Chrome & Firefox
- Bietet präzise Analysen zu WCAG-Verstößen (Web Content Accessibility Guidelines)
🔗 deque.com
5. Leichte Sprache & einfache Sprache-Tools
- Tools wie TextLab oder einfach-erklaert.de helfen beim Umformulieren komplexer Inhalte
- Wichtig für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder geringeren Sprachkenntnissen
Was du konkret tun kannst – auch ohne Programmierkenntnisse
Auch als Redakteur:in, Projektmanager:in oder Blogger:in kannst du viel zur digitalen Barrierefreiheit beitragen:
✅ 1. Alternativtexte schreiben
Jedes Bild sollte mit einem „Alt-Text“ versehen werden, der beschreibt, was auf dem Bild zu sehen ist – für Screenreader-Nutzer:innen essenziell.
✅ 2. Klare Struktur schaffen
Überschriften richtig gliedern (H1, H2, H3 …), Absätze verwenden und keine Tabellen zur Layoutgestaltung missbrauchen.
✅ 3. Kontraste prüfen
Hellgrauer Text auf weißem Hintergrund sieht vielleicht modern aus – ist aber für viele kaum lesbar. Nutze Tools wie den Color Contrast Checker zur Prüfung.
✅ 4. Sprache vereinfachen
Vermeide Fachjargon und Schachtelsätze. Kurze Sätze, klare Worte und aktive Sprache helfen allen.
✅ 5. Untertitel & Transkripte anbieten
Videos ohne Untertitel schließen Gehörlose aus. Auch Podcasts oder Interviews profitieren von einem begleitenden Transkript.
Beispiele gelungener digitaler Barrierefreiheit
Aktion Mensch
Die Website von Aktion Mensch setzt Barrierefreiheit konsequent um – von klarer Sprache über Farbanpassung bis hin zur Tastaturbedienbarkeit.
Deutsche Bahn & Öffentliche Stellen
Viele Behördenseiten, die unter das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) fallen, bieten inzwischen barrierefreie PDFs, Vorlesefunktionen und Layouts mit hoher Lesbarkeit.
Inklusive Onlineshops
Einige größere Shops wie Otto.de oder Zalando verbessern sukzessive ihre Zugänglichkeit – etwa durch Screenreader-kompatible Navigation und skalierbare Schriftgrößen.
Barrierefreiheit ist kein Projekt – sondern eine Haltung
Digitale Barrierefreiheit ist nicht „einmal abhaken und fertig“. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der bei jeder neuen Website, bei jedem neuen Artikel und bei jeder App-Version mitgedacht werden sollte.
Und es ist auch ein gesellschaftliches Statement: Wir bauen ein Internet, das niemanden ausschließt. Ein Internet, das wirklich für alle funktioniert.
Fazit: Kleine Schritte – große Wirkung
Digitale Barrierefreiheit muss nicht teuer oder kompliziert sein. Schon mit ein paar einfachen Maßnahmen kannst du Barrieren abbauen und Menschen den Zugang zu Informationen, Dienstleistungen oder Gemeinschaft ermöglichen.
Inklusion beginnt mit Aufmerksamkeit – und mit Tools, die helfen. Also: Starte heute mit dem ersten Check deiner Website. Denn ein inklusives Internet ist ein besseres Internet – für alle.